AUSTRALIEN IV - UNENDLICHE WEITEN
Nachdem ich nun schon zum dritten Mal am Flughafen Sydney mit schön gepacktem Koffer angekommen bin und mein Flug zur Lord Howe Insel seit 2 Tagen aufgrund von starkem Wind und Gewittern immer wieder abgesagt wird, habe ich nun genügend Zeit, diesen sehr langen Blogeintrag zu schreiben. Nach einigen meist erfolgreichen Tagen beim Ayers Rock und den Olgas ging meine Fahrt weiter Richtung Norden. Der erste geplante Halt war der Kings Canyon. Bei "angenehmen" 39 Grad kam ich also nach rund dreistündiger Fahrt beim Parkplatz am Canyon an und wunderte mich, warum ich total alleine war.
Von allen Seiten hörte ich Geschichten von tausenden von Leuten, die diesen Canyon täglich überfluten würden. Ich hingegen teilte mir den Parkplatz mit ein paar Eidechsen. Also Motor ab, raus in die Hitze, Rucksack füllen, 4.5 Liter Wasser anschnallen und ab zum Rim-Walk. Dort angekommen begriff ich schnell, warum ich der Einzige war. Auf der Wanderwegtafel stand, dass einmal mehr alle Wanderwege aufgrund der extremen Hitze morgens ab 11.00 Uhr gesperrt wären. Dieses Mal war sogar noch ein Metallzaun um den Weg herumgebaut worden, dessen Tor mit fettem Schloss versperrt war und der Eingang videoüberwacht wurde. Hervorragend. Der Kings Canyon richtet sich perfekt nach Westen aus und ist zu 100% ein Sonnenuntergangspunkt - was soll ich also beim Sonnenaufgang, wenn die Sonne bis 11.00 Uhr Morgens nur Schatten in den Canyon wirft?
Einmal mehr machte ich mich strafbar und folgte einem Pfad, der geschickt durch die Büsche um den Zaun herum auf den Wanderweg zum Canyonrim führte. Geschafft - nun musste ich nur noch die rund 400 Treppenstufen bei 39 Grad und voller Sonneneinstrahlung hinter mich bringen und ich war oben angekommen. Wie schön das Leben doch ist, wenn man total alleine dem Canyonrand entlanggehen und runterschauen kann. Und das Beste am Alleine sein, meine Phantom 4 Pro, die ich noch irgendwie in den Rucksack gequetscht hatte, konnte trotz Verbot mal wieder an die frische Luft.
Der Kings Canyon selbst ist ziemlich hübsch, aber noch viel schöner fand ich die versteinerten Sanddünen im Norden des Canyons (darf man eigentlich nicht betreten, wie alles in Australien, das Abseits der Wegen liegt). Über hunderte Meter türmen sich hier gut sichtbar in Schichten erscheinende Dünen und leuchten feuerrot im Licht der untergehenden Sonne. Die Aufnahmen welche vom Boden aus entstanden waren ok, aber die Luftaufnahmen gefielen mir um das Vielfache besser.
In Australien wandert man in Herden
Morgens um 05.30 war ich dann wieder zur Stelle und wanderte hoch zum einzigen Ort, den ich mir zum Sonnenaufgang noch vorstellen konnte, da es oben auf dem Rim superschöne Bäume mit schneeweisser Rinde gab. Von diesem Ort aus sah ich auch die Zufahrtstrasse zum Parkplatz am Canyoneingang. Als es ein wenig heller wurde und die Sonne sich am Horizont bemerkbar machte, ging dort unten dann gewaltig die Post ab. Bus an Bus kamen aus dem Nichts und luden hunderte Leute aus, die dann in Herden à 30-50 Menschen den Wanderweg fluteten und der Aufstieg zum Rim für kurze Zeit aussah wie der Hillary Step am Mount Everest. Da ich den Weg am Morgen in die entgegengesetzte Richtung machte, begegnete ich allen. Insgesamt zählte ich 18 Gruppen und dutzende Pärchen, die individuell unterwegs waren. Sie alle wussten nicht, wie schön der Kings Canyon bei Sonnenuntergang war. Erstaunlich fand ich auch den Zustand einiger Wanderer. Mit Strandsandalen, dem plötzlichen Herztod nahe, wurden einige Herden-Wanderer über diese Felsen gescheucht, ausgerüstet mit einem 0.5 Liter Wasserfläschchen, das schon nach der 10. Treppenstufe leer war ;-) Aber der Kings Canyon ist definitiv ein Besuch wert.
Wunderschöne Grashügel des MacDonnellranges
Von hier aus ging die Fahrt dann weiter über den Larapinta Drive (permit-pflichtig) zu den MacDonnell Ranges, einem Nationalpark bestehen aus diversen teilweise hohen Gebirgszügen, die Richtung Osten und Westen reichen. Den Nachmittag verbrachte ich auf einem Aussichtspunkt bei windstille und schönster Aussicht. Hier konnte mein Multikopter mal wieder so richtig auftrumpfen, denn was Australien wirklich kaum hat, sind hohe Aussichtspunkte. Der Grund warum vielerorts Rundflüge angeboten werden ist schlicht der, dass Australien aus der Luft oft viel schöner ist als vom Boden aus. Die grasbewachsenen Ebenen hier in den MacDonnellranges waren atemberaubend schön.
Nachts um 2.00 Uhr wurde ich dann von einem gewaltigen Schütteln geweckt. Der Wind hatte dermassen zugenommen, dass meine aufklappbare Ziehharmonika-Kabine hin und hergerissen wurde, egal wie und wo ich hier oben parkte, also musste ich in Unterhosen und T-Shirt zurück zur Strassen und so lange fahren, bis ich eine Strasse fand, die in einen Wald führte. Um 3.30 morgens konnte ich dann noch einmal 1.5 Stunden weiterschlafen, bis ich dann um 05.45 wieder auf der Aussichtsplattform sein musste. Nach zwei schönen Sonnenaufgangsflügen (Bild unten) über den Hügeln der MacDonnell Ranges ging's dann auch schon weiter Richtung Alice Springs. Ich hatte noch im Kopf, dass ich ganze 3 Tage übrig hatte, bis ich wieder weiterflog, also plante ich eine Nacht im Rainbow Valley (330km hin und zurück) ein und zwei Nächte bei den Devils Marbles (ca. 1000 km hin und zurück), auf die ich mich am meisten freute.
Die Milchstrasse zum Anfassen nahe
Nach einem kurzen Auftanken in Alice Springs erreichte ich gegen Abend das Rainbow Valley, eine ziemlich kleiner überschaubarer Berg aus Sandstein, der bei genauerem Hinschauen wirklich in allen Farben leuchtete. Leider hatte es hier nicht geregnet, denn der See davor war trocken und so konnte ich die Bilder, die ich mir vorstellte dieses mal nicht realisieren.
Dennoch war der Sonnenuntergang ein Traum. Auf dem Weg zurück zum Camper wanderte ich der Mondsichel entgegen, und hinter mir erstrahlte die Milchstrasse aus der Dunkelheit. Da ich von den abertausenden Milchstrassenbildern, die man aktuell sieht, irgendwie die Motivation daran verloren hatte und mich nicht in die Reihen der Milkywayer einzugliedern wollte, ging ich zurück auf den Salzsee und schaute einfach nur in den Himmel hoch. Die meisten, wenn nicht gar alle der bekannten Milchstrassenbilder sind ja Composings oder Blendings, also Mehrfachbelichtungen, die im Nachhinein aufwändig in Photoshop zusammengesetzt werde. Da ich so etwas aus rein persönlichen, ethischen Gründen nicht mache (alle meine Bilder sind Einzelbelichtungen / Einzelaufnahmen), war das für mich nie gross ein Thema, denn eine Einzelbelichtung der Milchstrasse hatte keine Chance gegen die ganzen Composings da draussen ;-) ABER in dieser Nacht waren die Bedingungen einfach perfekt für mich, denn relativ schnell erkannte ich, dass der Mond exakt am richtigen Ort stand und nur gerade 15% der Mondfläche leuchtete, die Milchstrasse stand dem entgegen und kam hinter dem Gebirge zum Vorschein. Nach einem kurzen Testbild bei ISO 12’800 war ich dann total hin und weg vor Freude, DENN der Mond war exakt so hell, dass der Vordergrund und die Milchstrasse die gleiche Belichtung erforderten und ich all diese Bilder mit EINER einzigen Belichtung hinkriegte. Natürlich hab ich auch noch den Taschenlampen-Trick angewandt, wobei ich mir sooo blöd vorkam. Kein normaler Mensch schaltet beim Anblick der Milchstrasse die Stirnlampe ein, da der Lichtstrahl diese überstrahlt und man gar nix sieht. Aber was tun Fotografen nicht alles für ein paar Klicks auf Facebook und co. ;-) Hätte ich mich vor Jahren dazu entschieden, statt realistischen Landschaftsbildern auf Milchstrassen und Composings zu setzen, hätte ich jetzt wohl auch meine 2 Millionen Followers :-)
Am nächsten morgen ging's dann auf Detailpirsch und ich fand einige wirklich bemerkenswerte Sandsteinfelsen, die direkt am Fusse der Rainbow Mountains zu finden sind.
Der selbstverschuldete Stress meines Lebens
Ich bin Künstler und abgesehen von meinen Gruppen-Fotoreisen, die ich bis ins kleinste Detail durchplane, bin ich nicht so der Planer. Also schaute ich am Freitag Mittag beim Rainbow Valley zum ersten Mal auf den Reiseplan, nur um zu schauen, wann ich am Sonntag das Auto abgeben würde und hatte einen Schock. Ich musste das Auto bereits morgen, Samstag abgeben und hatte noch vor, 2 Nächte und einen ganzen Tag bei den Devils Marbles zu fotografieren, die von hier aus 598km entfernt lagen und ich morgen um 08.00 Uhr in Alice Springs sein musste, noch einmal 408km von den Devils Marbles. Also knapp 1000 Kilometer während 16 Stunden inkl. Fotografieren!!!!! Ich hätte diesen Planungsfehler einfach akzeptieren sollen, doch das entspricht nicht meiner Natur, also bin ich den ganzen Freitag durchgedonnert, füllte in Alice Springs noch die beiden Ersatzkanister auf, die mir die Vermietlady gab UND die noch jeweils 5-10l Diesel drin hatten. Nachmittags um 17.20 Uhr kam ich bei den Kugeln des Teufels an und war stinke-stocksauer auf mich selbst. Diese Devils Marbles waren etwas vom Schönsten, dass ich je gesehen hatte. Feuerrote Steinkugeln, die aus dem kitschiggrünen Gras hervorkamen. Es erinnerte mich stark an den Spielplatz der Giganten in Namibia, nur dass das hier um das Vielfache schöner war als Namibia. Ich schaute auf die Uhr. Ich hatte knapp 2 Stunden Zeit, alle diese 1000 Steinkugeln zu fotografieren, doch das Gras war so hoch und zwischen allen Büschen hingen diese riesigen widerlichen Seidenspinnen, dass ich keine Ahnung hatte, wo der Weg hinging. Also kam mir die Idee. Phantom 4 Pro auspacken, auf 300 Meter hochfliegen und Kamera nach unten schwenken. So sah ich einerseits wo die schönsten Steinkugeln waren und andererseits wo welche Wege begannen und hinführten. Meine Freude an dieser Drohnentechnik erreichte den höchsten Stand seit Jahren und ich rannte los, was das Zeugs hielt. Links das Stativ, hinten der Rucksack und rechts der Koffer meine Phantom. Seit einer Woche hatte ich keine Schlange mehr gesehen und dies sollte jetzt bitte auch so bleiben und ich hatte Glück. Abgesehen von ein paar Nahezu-Kollisionen mit diesen hässlichen fast Handflächengrossen Spinnen, konnte ich einen grossen Teil der Steine im richtigen Licht fotografieren.
Zum Sonnenuntergang baute ich mein Stativ bei einem der Steine auf, setzte die Kamera auf den Intervallmodus (sie fotografiert selbst alle 30sec ein Bild), stellte das zweite Stativ vor einen 200m weiter westlich gelegenen Punkt auf, ebenfalls im Intervallmodus und alle restlichen Punkte flog ich mit der Drohne ab. Und das bei 38 Grad. Ich hätte einen See leertrinken können, als die Sonne dann endlich unterging. Nach Sonnenuntergang sammelte ich meine Kameras ein und wartet auf den Mond und die Milchstrasse. Gleiches Spiel wie die Nacht davor, Einzelbelichtung bei den Devils Marbles mit Milchstrasse im Hintergrund und um 02.00 Uhr Nachts fuhr ich dann los, die 408km zurück nach Alice Springs. 85km vor Alice, rund 2.5 Stunden bevor ich am Flughafen sein musste, nahm ich die beiden Dieselkanister, die ich den Tag zuvor gefüllt hatte und die beide noch Diesel vom Mieter davor intus hatten und füllte damit meinen Tank. Nachdem ich losfuhr, leuchtete plötzlich das Dieselfilterlämpchen auf, dann ruckte und zuckte der Motor kurz und schaltete schliesslich total ab. Ich rannte nach vorne, öffnete die Haube und drehte den Verschlussdenkel unten am Dieselfilter auf und reines Wasser lief mir entgegen. Als nach 15min Pumpen noch immer Wasser kam, wurde mir klar, dass die beiden Dieselkanister wohl so lange gelagert waren, dass ein Grossteil des Diesels darin aus Kondenswasser bestand. Sofort rannte ich zur Kabine, packte alle meine Sachen zusammen, setzte mich auf den Koffer und brachte ihn so zu und stand mit erhobenem Daumen auf die Strasse. Der erstbeste Australier nahm mich dann mit nach Alice Springs, setzte mich bei der Autovermietung ab und Ich Trottel, in dem riesen Stress, den ich hatte, liess den Autoschlüssel bei dem Unbekannten im Wagen liegen. Ich hatte nun keine Zeit mehr für Erklärungen, denn meine Maschine startete in 1h 15min - also ab ins Taxi und zum Flughafen. Unterwegs fiel mir ein, dass ich ein Foto vom Auto des Australiers machte, der mich mitnahm und ich somit seine Autonummer hatte. Also E-Mail mit dem Bild an die Autovermietung, beten, dass dies ausreicht und ab in den Flieger nach Brisbane.
Zum Glück bin ich noch 30 - hätte ich erst mit 40 mit Fotografieren begonnen und wäre jetzt 60, so wäre dieser Tag mein Todestag gewesen. ABER das Wichtigste von allem, die Bilder sind super geworden. Was will ich mehr ;-)
Hoffentlich klappt es nun morgen beim 4. Anlauf, dass ich auf diese Lord Howe Insel komme. Ansonsten gebe ich die ganze Sache auf und suche eine Alternative.